Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt

Was ist Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt?

„Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt“ meint die Benachteiligung eines Menschen bei der Suche nach Wohnraum, im Vermietungsprozess oder bei der Nutzung von Wohnraum. Sie erfolgt aufgrund von Zuschreibungen bezüglich einer oder sich überschneidender Kategorien, die überwiegend im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als Diskriminierungsmerkmale anerkannt sind. Dies erschwert Betroffenen die Teilhabe an der Wohnraumversorgung. Diskriminierendes Handeln auf dem Wohnungsmarkt wird auf unterschiedlichen Ebenen wirksam:

  • aufgrund individueller ökonomischer Überlegungen derjenigen, die Wohnraum anbieten,
  • durch subjektive Präferenzen oder auf der Basis von individuellen Vorurteilen und Stereotypen sowie
  • auf der Ebene institutionalisierter und struktureller Benachteiligungen.

Direkte und indirekte Diskriminierung

Diskriminierung kann unmittelbare oder mittelbare Formen annehmen. Eine direkte oder unmittelbare Diskriminierung meint eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu einer anderen Person, die sich direkt auf ein oder mehrere Diskriminierungsmerkmale bezieht. Ein Beispiel dafür ist die Benachteiligung einer Frau aufgrund ihres Kopftuchs bei der Wohnungsvergabe. Indirekte oder mittelbare Diskriminierung entsteht bei der Umsetzung vermeintlich neutraler Regeln, Satzungen und Vorschriften. Ein Beispiel dafür ist die Benachteiligung von großen geflüchteten Familien bei der Wohnungsvergabe. Dabei wird als Begründung häufig fälschlich auf den §7 des Wohnungsaufsichtsgesetzes verwiesen. Behauptet wird dann, das Gesetz erfordere, dass ein Zimmer pro Person zur Verfügung stehen muss. Im Gesetz sind die Mindestraumansprüche jedoch nicht über die Zimmeranzahl, sondern über die Wohnfläche festgelegt.

Diskriminierungsmerkmale

Das AGG enthält eine rechtliche Definition von Diskriminierung und eine Auflistung der gesetzlich anerkannten Diskriminierungsmerkmale. Im §1 AGG ist als Ziel des Gesetzes formuliert: „[…] Benachteiligungen aus Gründen der Rasse [sic [1]] oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“ Auch assoziierte Merkmale werden damit abgedeckt, wie beispielsweise sexuelle Orientierung als assoziiertes Merkmal der sexuellen Identität oder Sprache als assoziiertes Merkmal der ethnischen Herkunft. Die Fachstelle unterstützt nicht nur Menschen, die aufgrund der im AGG anerkannten Merkmale diskriminiert werden, sondern auch bei Diskriminierungsmerkmalen, die das Gesetz bisher nicht anerkennt. Beispiel für diese Merkmale sind der soziale Status oder der Familienstand Alleinerziehende*r.

Rechtlicher Schutz bei Diskriminierung im Bereich Wohnen

Das Diskriminierungsverbot des AGG wendet sich bezogen auf das Wohnungswesen sowohl an Landeseigene, kommunale und private Wohnungsunternehmen, als auch an private Vermieter*innen und Hausverwaltungen, soweit diese nicht ausdrücklich von der Gesetzesanwendung ausgenommen sind (§19 Abs. 5 AGG). Bei Verstößen gegen das AGG entsteht für die Betroffenen in der Regel kein Anspruch auf den angefragten Wohnraum. Sie können aber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Wenn weitere Beeinträchtigungen vorliegen, können die Betroffenen auf Unterlassung klagen (§21 Abs. 1 AGG). Daneben können sie den Ersatz des durch die Benachteiligung entstandenen Schadens verlangen (§21 Abs. 2 AGG). Bei der Geltendmachung der Ansprüche können Betroffene von Diskriminierung von anerkannten Beratungsstellen unterstützt werden.

Diskriminierung bei Nachbarschaftsstreitigkeiten

Das AGG kann das Strafrecht nicht ersetzen. Daher ist in Fällen von Diskriminierung bei Nachbarschaftsstreitigkeiten, beispielsweise in Fällen von Mobbing, Nötigung oder Betrug, auf das Allgemeine Strafrecht zu verweisen. Betroffene können sich trotzdem bei Nachbarschaftskonflikten an Vermieter*innen wenden. Im Rahmen ihrer Schutzpflicht müssen Vermieter*innen dafür sorgen, dass Nachbar*innen ihr diskriminierendes Verhalten unterlassen.

Verstärkter Handlungsbedarf gegen Diskriminierung

In Berlin entsteht insbesondere aufgrund des angespannten Wohnungsmarkts ein stärkerer Handlungsbedaf gegen Diskriminierung im Bereich des Wohnens. Diese Situation führt zu einer erhöhten Konkurrenz von Personen mit mittlerem und niedrigem Einkommen um bezahlbaren Wohnraum. Damit wird es Vermieter*innen möglich, aus einem breiteren Nachfragespektrum zu wählen. Diskriminierung wird folglich wahrscheinlicher und schwerer nachweisbar. Der Druck auf diesen Bereich des Wohnungsmarkts erzeugt zusätzlich mehr Konkurrenz zwischen verschiedenen von Diskriminierung bedrohten Gruppen. Die Folge dieser Entwicklungen ist die Zunahme von Diskriminierungsfällen. Vor diesem Hintergrund lässt sich seit 2016 ein Zuwachs an Beratungs-, Interventions- und Begleitungsbedarf für Betroffene von Diskriminierung am Wohnungsmarkt beobachten. Obwohl landeseigene wie private Wohnungsunternehmen zunehmend ein professionelles Diversitätsmanagement für sich beanspruchen, liefert der Beratungsalltag der Antidiskriminierungsberatungen zahlreiche Belege für Diskriminierung.


[1] Die Fachstelle bewertet die Verwendung des Begriffs „Rasse“ in Gesetzestexten und internationalen Menschenrechtsdokumenten als problematisch und sucht ihn in eigenen Darstellungen zu vermeiden. Vgl. Cremer (2010): Ein Grundgesetz ohne Rasse. Policy Paper No. 16. Hrsg. Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin.